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„Innerhalb der nächsten zehn Jahre machen wir eine Million Gebäude um 50 Prozent energieeffizienter“

Michael Seeberg: Liebe Franka, in unserer Reihe hypcloud Real Talk wollen wir die Praxis der nachhaltigen Transformation der Immobilienwirtschaft in den Mittelpunkt stellen. Was bietet metr genau an und was macht ihr im gerade sehr gefragten Thema Nachhaltigkeit?

Dr. Franka Birke: Wir entwickeln datengestützte Lösungen für Wohnungsunternehmen, Facility Manager und Projektentwickler mit dem Ziel, ein kostengünstiges und nachhaltiges technisches Gebäudemanagement zu ermöglichen. Wir erfassen die Energieverbräuche der Gebäude und Nutzer und optimieren und automatisieren die Betriebsführung technischer Anlagen. Damit verbessern wir die Energieeffizienz und CO2 Bilanz der Gebäude.

Michael Seeberg: Was sind die Benefits eures Geschäftsmodells für Immobilieninvestoren?

Dr. Franka Birke: Wir haben unterschiedliche Produkte entwickelt. Einmal sind wir im Bereich des Meterings tätig, d.h., wir erfassen den Energieverbrauch der Gebäude, aber auch auf Wohnungsebene, und wir gehen in den Keller. Also eigentlich halten wir uns da am meisten auf, weil wir die Fernüberwachung und Optimierung der Heizungsanlagen und Trinkwasserinstallationen anbieten. Das ist alles gebündelt auf unserer Plattform für die Technische Gebäudeausrüstung.

„Mit diesen Lösungen kann man erhebliche Energieeinsparungen erzielen, allein mit der Fernüberwachung für die Heizungsanlagen schon 10 - 15% – ohne, die Anlagen auszutauschen.“

Dr. Franke Birke, CEO und Co-Founder von metr

Rund 80% der Heizungen sind nicht richtig eingestellt und da können wir viel Energie einsparen. Unsere Vision ist, innerhalb der nächsten 10 Jahre eine Million Gebäude um 50% energieeffizienter zu machen.

Michael Seeberg: Das Thema ESG wird für Kreditgeber und Projektentwickler immer relevanter. Wie können die Fortschritte in der Nachhaltigkeit letztendlich messbar gemacht werden?

Dr. Franka Birke: Bei uns ist der Fokus auf Wohnimmobilien und Bestandsgebäuden und das ist wirklich eine riesengroße Herausforderung, denn die Daten liegen nicht standardisiert und zuverlässig vor. Wir setzen daher erstmal bei der Datenerhebung an und haben dafür ein Gateway entwickelt mit mehreren Schnittstellen, das verschiedene Funktechnologien aber auch kabelgebunden Daten auslesen kann. Der nächste Schritt ist dann die Analyse der Daten auf unserer Plattform. Wir standardisieren die Daten verschiedenster Anlagen von unterschiedlichen Herstellern an einem Ort und machen sie vergleichbar. Diese Schritte sind essenziell, um die Energiebilanz eines Gebäudes zu dokumentieren, die man für die Energieausweise braucht, Veränderungen der Energiebilanz durch Investitionen zu beobachten und Objekte miteinander zu vergleichen.

Michael Seeberg: Wie ist das Feedback der Immobilienwirtschaft bisher?

Dr. Franka Birke: Die Kunden wissen mittlerweile, dass sie im Bereich Energieeffizienz etwas tun müssen. Die Branche hat offensichtlich Nachholbedarf und informiert sich nicht nur, sondern setzt auch tatsächlich um. Im letzten Jahr hat sich die Zahl unserer Kunden verdreifacht. Wir beraten sie und was wir ihnen anbieten können, ist eine gering investive und schnell umsetzbare Lösung. Das überzeugt die Kunden sehr schnell.

„Es geht darum Kooperationen zwischen Corporates und PropTechs zu initiieren.“

Dr. Franke Birke, CEO und Co-Founder von metr

Michael Seeberg: Was sollte aus deiner Sicht passieren, um noch eine breitere Öffnung für Nachhaltigkeitsthemen zu erreichen?

Dr. Franka Birke: Es gibt Early Adopter und die, die etwas später starten. Um Best Practice Beispiele zu kommunizieren, um Lösungsanbieter wie PropTechs sichtbar zu machen, gibt es seit einigen Monaten die ZIA PropTech Plattform. Es geht darum Kooperationen zwischen Corporates und PropTechs zu initiieren. Es gibt viele Startups, die funktionierende Lösungen bereits am Markt haben, so dass die Corporates die Lösungen nicht selbst in einem langwierigen Prozess entwickeln müssen. Auf der anderen Seite sollte die Immobilienbranche nicht warten, bis sie bspw. durch Gesetze zu etwas gezwungen wird, sondern einfach mal ins Machen kommen und ausprobieren und die Angebote der PropTechs annehmen.

Von Gesetzgeberseite muss das Investor-Nutzer-Dilemma gelöst werden, so dass die Vermieter entsprechend in Technik investieren. Dazu gehört auch die Betriebskostenverordnung. Hier haben wir mit einigen PropTechs im letzten Jahr schon eine Initiative gestartet, das wollen wir noch stärker vorantreiben.

Michael Seeberg: Von Finanzierungs- und Investorenseite verspüren wir zunehmend Nachfrage nach „grünen“ Projekten – bringt das noch einmal zusätzlichen Veränderungsdruck?

Dr. Franka Birke: Da kann ich dir nur zustimmen. Ich sehe einen wesentlichen Beitrag bei der Finanzbranche, denn die ist es letztendlich, die Investitionen in energieeffiziente Technologien voranbringt, weil sie ja die Gebäude hinsichtlich dieser Kriterien auch bewertet und die Finanzierungen bereitstellt.

„Die ZIA PropTech Plattform hilft dabei, Transparenz reinzubringen und Vertrauen zu schaffen.“

Dr. Franke Birke, CEO und Co-Founder von metr

Michael Seeberg: Ihr engagiert euch sehr stark beim ZIA. Wie schätzt du aktuell die Zusammenarbeit zwischen Start-ups und etablierten Unternehmen ein?

Dr. Franka Birke: Noch nicht jedes etablierte Unternehmen hat mit Startups gearbeitet. Einige sind vielleicht skeptisch, müssen das Vertrauen in ein junges Unternehmen erst aufbauen. Startups, das kann ich versichern, geben 150%, damit es tatsächlich dann auch passt. Die ZIA PropTech Plattform hilft dabei, Transparenz reinzubringen und Vertrauen zu schaffen. Welche Lösungen von PropTechs gibt es am Markt? Welche Best Practice Beispiele gibt es? Und dann schafft ZIA auch die Möglichkeit zusammenzukommen durch ganz unterschiedliche Formate, wie z.B. Veranstaltungen oder die gemeinsame Arbeit in den Arbeitskreisen.

Michael Seeberg: Wir sehen im aktuellen PropTech Report ein steigendes Investoreninteresse. Wie ist deine Einschätzung zur Verfügbarkeit von Risikokapital und was wünschst du dir hier noch an Entwicklung?

Dr. Franka Birke: Man merkt es, es gibt wieder mehr Risikokapital am Markt. In 2020 sahen wir eine große Zurückhaltung der Investoren, die selbst erst einmal mit ihren finanziellen Mitteln haushalten und für ihre Portfoliounternehmen sorgen mussten. Jetzt muss das Geld aber raus aus den Töpfen. Diese Entwicklung trifft auf die ESG Thematik. Immer mehr PropTechs profitieren davon und haben Nachhaltigkeit als Teil ihres Geschäftsmodells formuliert.

Wir sind zwar ein software-basiertes Startup, aber wir brauchen auch Hardware, um an die Daten in den Gebäuden zu kommen. Reine Software-Unternehmen sind vielleicht schneller und skalieren rascher, aber dafür sind wir in den Kundenbeziehungen nachhaltiger, denn Hardware tauscht man nicht so einfach wieder aus. Ich würde mir wünschen, dass dies auch von Investoren noch stärker als Chance gesehen wird.

„Auf unserer Roadmap für dieses Jahr steht eine Lösung zur Optimierung von Heizungsanlagen anhand von Wettervorhersagen“

Dr. Franke Birke, CEO und Co-Founder von metr

Michael Seeberg: Schauen wir doch einmal in Zukunft. Was hast du demnächst mit metr geplant?

Dr. Franka Birke: Über die Fernüberwachung von Heizungen hatte ich dir schon berichtet. Auf unserer Roadmap für dieses Jahr steht nun eine Lösung zur Optimierung von Heizungsanlagen anhand von Wettervorhersagen, wodurch wir die Hülle des Gebäudes beim Energiesparen stärker berücksichtigen. Damit lassen sich noch einmal 5% bis 15% Energie einsparen. Spannend wird auch die Heizungssteuerung aus der Ferne über alle Anlagen und Liegenschaften hinweg.

Michael Seeberg: Wo siehst du Euch in 5 Jahren?

Dr. Franka Birke: Langfristig wollen wir dafür bekannt sein, die digitale Plattform für die Technische Gebäudeausrüstung aufgebaut zu haben. Auf der Plattform bilden wir alle technischen Systeme und Gewerke ab, die der Kunde braucht, um seine Gebäude ganz unkompliziert und holistisch digital zu managen. Es wird ein offenes Ökosystem für die TGA sein mit zahlreichen verlässlichen Service- und Technologiepartnern. Unsere Branche ist auf einem guten Weg, die an sie gestellten Klimaziele zu erreichen und metr hat einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet.

Michael Seeberg: Ein sehr positiver und relevanter Ausblick für uns alle in der Branche. Liebe Franka, weiterhin viel Erfolg bei metr und der ZIA PropTech Plattform! Ganz herzlichen Dank für unser Gespräch.