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Zukunftskonzept: Generationengerechtes Wohnen

Um seinem Vater ein altersgerechtes, aber vor allem selbstbestimmtes Wohnen in der letzten Lebensphase zu ermöglichen, dachte sich der Projektentwickler Matthias Zimmermann kurzerhand: “Dann machen wir es eben selbst.” Denn bis dato gab es kaum Angebote für Wohnungen mit genügend Flexibilität in der Gestaltung des Wohnraums bei gleichermaßen hochwertiger Materialqualität. Gemeinsam mit seinem Projektpartner hat er mit Heimdall Gehrenstück in Ahnatal bei Kassel im Januar 2014 ein Leuchtturmprojekt begründet. 

Herr Zimmermann, es freut mich, dass wir heute die Gelegenheit haben, um über ein für unsere Gesellschaft bedeutendes Thema zu sprechen. Sie sind seit zehn Jahren als Projektentwickler für “generationengerechtes Wohnen” aktiv. Verraten Sie uns doch einmal, was Sie persönlich antreibt bei dem Thema?

Matthias Zimmermann: Mein Vater. Als wir anfingen zu planen, war er Anfang 70. Er ist ein sehr selbstbestimmter Mann, der isst, wenn er hungrig ist, schläft, wenn er müde ist und aufsteht, wenn er ausgeschlafen ist. Da war klar, dass er nicht in ein Altersheim oder in ein betreutes Wohnen gehen würde. Genauso selbstbestimmt möchte er auch seine letzte Lebensphase gestalten, braucht aber natürlich mit dem Älterwerden auch Hilfe. Als wir im Raum Kassel dann nichts Passendes fanden, beschloss ich gemeinsam mit einem guten Freund, einem Handwerksobermeister und meinen Kenntnissen als ehemaliger Banker, dass wir auch selbst etwas bauen und es dann gleich richtig machen können. Wir sind also mit vollem Idealismus und natürlich auch etwas Erfahrung da reingegangen.    

“Wir haben gedacht, wir machen das wie bei Tesla: nicht das, was die anderen machen, nur besser – sondern wir machen was Neues!” 

Matthias Zimmermann, Projektentwickler und Gründer “Heimdall Gehrenstück”

Wie können wir uns so ein Mehrgenerationen-Bauprojekt vorstellen? Was haben Sie im Vorfeld alles beachten müssen?

Matthias Zimmermann: Dieses “richtig machen” bedeutete zunächst eine lange Analyse- und Planungszeit. Der erste Schritt ist, die Wohnungen altersgerecht auszustatten. Dazu haben wir uns im Vorfeld sehr genau informiert, was das überhaupt heißt. Wir haben mit Pflegediensten gesprochen, mit Seniorenwohnberatungsstellen, wir waren im Zentrum für Gerontologietechnik in Iserlohn, wo es altersgerechte Technologien gibt, um einfach so viele Informationen einzuholen, wie möglich. Wir haben gedacht, wir machen das wie bei Tesla: nicht das, was die anderen machen, nur besser – sondern wir machen was Neues! Als wir dann das passende Grundstück in Ahnatal bei Kassel gefunden hatten, war uns klar: jetzt geht’s los. Das war natürlich eine starke Lernkurve mit allen Parteien, die involviert sind. 

Sicher auch ein diplomatischer Akt, auf die unterschiedlichen Bedürfnisse von mehreren Generationen in einem Objekt einzugehen…

Matthias Zimmermann: Generationenübergreifendes Wohnen heißt eben sowohl altersgerecht als auch schöne Wohnungen für junge Leute und Familien. Mehrere Generationen sollen sich in so einer Wohnung wohlfühlen, ohne dass es sich anfühlt, als wäre man im Altersheim oder im Krankenhaus. Für ältere Menschen bedeutet ein solcher Wohnungskauf oftmals die Entscheidung für ihre letzte Lebensphase. Sie sind dann in der Regel Ende 60, Anfang 70, können allerdings auch 100 Jahre alt werden. Deshalb schauen sie vielmehr auf die Details und wollen viel mehr Individualisierung. Sie legen zudem Wert auf maximale Flexibilität der Wohnräume, so dass eben, wenn nötig, auch mal ein Pflegebett im Wohnzimmer Platz finden kann. Für jüngere Menschen spielt die Lebensqualität insgesamt eine wichtige Rolle, in die etwa die Ausstattung, Größe oder Lage einfließen. 

Haben Sie ein Beispiel für “mehr Lebensqualität für alle”?

Matthias Zimmermann: Ja, etwa der Schallschutz. Gerade was die Lärmbelästigung angeht, haben die Generationen natürlich unterschiedliche Lebensstile. Jüngere Leute empfangen häufiger Besuch, hören lauter Musik oder grillen gerne im Sommer auf dem Balkon. Daher haben wir dieses Thema im Vorfeld sorgfältig bedacht und die nichttragenden Wände und die Treppen schallentkoppelt. Auch die Decken sind massiver gebaut, so dass sich alle wohlfühlen können. 

Wie schaffen Sie es in der Bauweise den gemeinsamen Nenner mit den jüngeren Generationen zu finden?

Matthias Zimmermann: Wir haben uns vorgenommen, es soll altersgerecht sein, mit der Möglichkeit, die nächsten 30 Jahre dort zu wohnen. Gleichzeitig soll es aber so schön sein, so ansprechend, dass auch gerne junge Leute, junge Familien einziehen. Das ist ein Spagat, der am Ende aber doch nicht so schwierig ist. In großen, offenen, hellen Räumen fühlen sich die meisten Menschen wohl. Die Bauweise der offenen Wohnküche mit Kalkputz etwa, der Gerüche aufnimmt, liefert dann noch die passenden Argumente, die wiederum auch die ältere Generation überzeugt. Die Bäder sind auch sehr großzügig gestaltet, was jüngeren Menschen gefällt. Für Ältere bedeutet dies die Flexibilität, den Raum so umbauen zu können, dass man im eigenen Bad auch ambulant gepflegt werden kann. 

“Viele ältere Menschen haben niemanden zum Reden. Deshalb bietet eine Wohnanlage mit einer guten Durchmischung viel mehr Möglichkeiten zur Begegnung.”

Matthias Zimmermann, Projektentwickler und Gründer “Heimdall Gehrenstück”

Worin sehen Sie den größten Vorteil im “Mehrgenerationen Wohnen”?

Matthias Zimmermann: Allein in Deutschland ist zum Beispiel die Altersvereinsamung ein riesen Problem. Viele ältere Menschen haben niemanden zum Reden. Deshalb bietet eine Wohnanlage mit einer guten Durchmischung viel mehr Möglichkeiten zur Begegnung. Andererseits haben wir in unserem Projekt auch einen Concierge-Service installiert, der auf die Leute zugeht und vor allem älteren Menschen bei Fragen oder kleineren Erledigungen im Alltag behilflich ist. Dreimal in der Woche halbtags haben sie hier einen Ansprechpartner, der einfach da ist, wenn sie etwa nicht genau wissen, wie der neue Handyvertrag funktioniert oder sie online Formulare ausfüllen müssen. 

Hat ihr Wohnprojekt weitere Vorteile, was die Betreuung älterer Menschen angeht?

Matthias Zimmermann: Bei vielen Bewohnern leben die Kinder weit weg, daher sind sie für die Unterstützung durch den Concierge vor Ort sehr dankbar. Darüber hinaus ist der Pflegebedarf bei den meisten natürlich individuell geregelt. Generell ist es für die Kinder der Bewohner beruhigend zu wissen, dass ein Concierge regelmäßig nach ihren Eltern schaut. Zudem organisieren wir auch dreimal im Jahr eine Veranstaltung, um alle Bewohner zusammenzubringen. Da sitzt man dann auch mal gemeinsam draußen bei einer Bratwurst, einem Bier oder einem Glas Wein. Dann können sich die Leute in entspannter Atmosphäre kennenlernen und sich untereinander vernetzen.  

“Beim Wohnen ist es wie bei Autos – es ist ja nicht rational, was da passiert. Jeder hat seine Erlebnisse und seine Vorlieben.” 

Matthias Zimmermann, Projektentwickler und Gründer “Heimdall Gehrenstück”

Concierge, Vernetzung und mehrere Generationen. All das klingt sehr nach Vision der Zukunft. Wie waren die ersten Reaktionen auf diese Ideen?

Matthias Zimmermann: Am Anfang gab es massiven Gegenwind. “Ein Concierge-Service in Kassel? Wir sind doch nicht in New York…” Es brauchte jede Menge Überzeugungsarbeit, sowohl bei den Banken, also auch bei den Käufern. Beim Wohnen ist es wie bei Autos – es ist ja nicht rational, was da passiert. Jeder hat seine Erlebnisse und seine Vorlieben. Als dann aber alles stand und die Bewohner eingezogen waren und sich die Zufriedenheit durchgesetzt hatte, ist die Stimmung überall ganz stark in die positive Richtung gekippt. 

Generationengerechtes Wohnen wird von der Bundesregierung subventioniert, was ist denn der aktuelle Standard für eine ESG-konforme Bauweise und die KfW-Förderung? 

Matthias Zimmermann: Wir befinden uns leider gerade in einer schwierigen Zeit, in der die Baukosten explodieren, es Lieferschwierigkeiten gibt und die Bundesregierung noch dazu Anfang des Jahres die KfW-Förderung, so wie sie bisher bestand, gestoppt hat. Wir sind KfW 40+ in dem neuen Projekt und haben jetzt knapp 60 Prozent der Wohnungen an Menschen verkauft, die die volle “alte” Förderung bekommen haben, sprich: 37.500 Euro pro Wohnung als Zuschuss. Es gibt aktuell noch die Hälfte des Betrags der KfW-Förderung mit zusätzlichen Nachhaltigkeitskriterien, die separat zertifiziert werden müssen, doch es bleibt ungewiss, wie es weitergeht. Am 1. Januar 2023 soll es ein neues Förderprogramm geben mit neuen Nachhaltigkeitskriterien, um sich für eine Förderung zu qualifizieren, doch aktuell kann damit natürlich niemand planen.

“Es gibt aktuell noch die Hälfte des Betrags der KfW-Förderung, doch es bleibt ungewiss, wie es weitergeht.” 

Matthias Zimmermann, Projektentwickler und Gründer “Heimdall Gehrenstück”

Blicken wir auch auf die Finanzierungsseite: Wie sichern Sie die Baukosten ab für ein solches Projekt?

Matthias Zimmermann: In diesem Umfeld, was wir gerade skizziert haben, ist es verständlicherweise sehr schwierig. Natürlich haben wir mit dem Rohbauer Festpreisverträge gemacht, aber die klare Antwort ist, dass wir uns nur eingeschränkt absichern können. Es gibt ja keine forwards oder options auf bestimmte Produkte. Keiner weiß, wie lange der Krieg in der Ukraine noch andauert bei der gleichzeitig hohen Auslastung in der Bauindustrie und dem bestehenden Fachkräftemangel. Dazu kommt noch, dass die öffentliche Verwaltung, die ein hohes Interesse haben sollte, dass gebaut wird, mit Genehmigungsprozessen operiert, die mittelalterlich sind. In einem Umfeld, das momentan keinerlei Stabilität bietet, mit Vorlaufprozessen von bis zu vier Jahren zu arbeiten, entzieht sich meinem Verständnis. Positiv gesprochen, gibt es in der Verwaltung einen enorm hohen Bedarf an Vereinfachung und Digitalisierung. 

Genau aus dem Grund gibt es zumindest auf der Finanzierungsseite digitale Plattformen wie hypcloud, um eben diese langwierigen Prozesse deutlich zu vereinfachen. Inwiefern war es für Sie hilfreich, mit uns zu arbeiten?

Matthias Zimmermann: Die Effizienz der Prozesse, genau wie die geradlinige konstruktive Art Ihrer Finanzierungsexperten schätze ich sehr. Der größte Vorteil ist für mich das Netzwerk von mehr als 400 Kreditgebern auf das wir durch die Plattform Zugriff hatten, was zu einem schönen Erfolg geführt hat. Die Finanzierung, die wir auf die Beine gestellt haben, hätte ich so nicht in Kassel bekommen können und wenn ich mich selbst auf die Suche begeben hätte unter zahlreichen potenziellen Kreditgebern, wäre das keinesfalls so effizient. Ich fand es klasse, dass nach einer kurzen Suche bereits die passenden Matches erschienen sind und es dann auch schnell funktioniert hat. 

Das freut uns zu hören. Eine letzte Frage habe ich noch: Wie hat denn ihr Vater nach der Fertigstellung auf seine neue altersgerechte Wohnung reagiert?

Matthias Zimmermann: “Ist das schön, das habt ihr aber toll gemacht”, waren die Reaktionen der meisten. Dann kam mein Vater: “Die Wand hätte doch zehn Zentimeter weiter rechts stehen sollen…” Mein Projektpartner und ich sahen uns an: “Das gibt’s doch nicht…” und mussten lachen. Inzwischen ist mein Vater so dankbar und zufrieden mit seiner Wohnung. Den Vorteil, so lange wohnen zu bleiben, wie er möchte und kann, versteht er jetzt. Für mich, der das Projekt aus Idealismus gestartet hat, ist das das schönste Kompliment. 

Vielen Dank, Herr Zimmermann, für dieses Gespräch. Es hat Spaß gemacht mit Ihnen!

Sie möchten mehr erfahren über das Mehrgenerationen-Projekt von Matthias Zimmermann? Alle Informationen über das neue Projekt bekommen Sie hier.