article featured image

Zins lass' nach!

Die lange Periode billigen Geldes ist vorüber, die Zinsen sind zuletzt rapide angestiegen. Für Investoren ebenso wie für Projektentwickler stellt sich daher nun die Frage, wie man auf das veränderte Zinsumfeld reagieren soll. Wie ist die gegenwärtige Lage? Wie geht es weiter? Und was bedeutet das für die gewerbliche Immobilienfinanzierung?

Der Stand der Dinge

Der durchschnittliche Zinssatz in der Immobilienfinanzierung hat sich in den vergangenen zwei Jahren mehr als vervierfacht. Während man Anfang 2021 noch einen Kredit mit zehnjähriger Sollzinsbindung für einen Zinssatz von unter einem Prozent bekommen konnte, ist dieser Satz nun auf rund vier Prozent gestiegen.

Die Gründe hierfür sind vielfältig – eine große Rolle spielt jedoch die Inflation, die seit Anfang 2022 für jeden spürbar zurückgekehrt ist. Als Reaktion darauf hat die Europäische Zentralbank (EZB) in mehreren Schritten den Leitzins erhöht, worauf der gerade für Projektentwickler relevante kurzfristige 3-Monats-EURIBOR Zins Mitte Juli 2023 auf einen Wert von 3,7 Prozent anstieg, den höchsten Wert seit 15 Jahren. Da die EZB weitere Zinsschritte zur Inflationsbekämpfung angekündigt hat, werden sich die Finanzierungskosten weiter erhöhen. 

Die langfristigen Zinsen, besonders für Bestandsinvestoren und private Immobilienkäufer relevant, haben ebenfalls stark angezogen. Dabei ist seit einiger Zeit das Phänomen einer sogenannten inversen Zinsstruktur zu beobachten: Die langfristigen Zinsen liegen auf niedrigerem Niveau als die kurzfristigen, was zum Beispiel der 10-Jahres-Swap Satz als Referenzzins im Bankenmarkt mit 3,1% bestätigt.

3-Monats-EURIBOR vom 01. Januar 1999 bis 14. Juli 2023 (Quelle: euribor-rates.eu)

Was heißt das?

Durch diese Entwicklung ergeben sich verschiedene Konsequenzen für den Immobilien- und Finanzierungsmarkt. Auf Investorenseite beobachten wir eine Diskrepanz zwischen der Renditeerwartung und den bei den gegenwärtigen Verkaufspreisen erzielbaren Renditen. Die Renditeerwartung für eine Immobilie ist immer höher als die für Anlageklassen wie zum Beispiel europäische Staatsanleihen, da die Immobilie weniger liquide ist. Wenn nun andere Anlagen wie etwa Anleihen deutlich mehr abwerfen, steigt auch die erwartete Rendite für eine Immobilie. Da die Einnahmen, etwa durch Vermietung, gesetzlichen Beschränkungen unterliegen und somit nur begrenzt variabel sind, ist ein Hebel zur Steigerung der Rendite ein niedrigerer Kaufpreis. Allerdings sind viele Verkäufer derzeit nicht bereit, diese Erwartung zu erfüllen, da ihre Kalkulation meist noch aus der gar nicht allzu fernen Zeit stammt, in der die Zinsen und damit auch die Renditeerwartung deutlich niedriger waren. Genau an diesem Punkt stockt im Moment der Markt.

Auch für Projektentwickler stellen die steigenden Zinsen eine Herausforderung dar. Wenn sie Fremdkapital nutzen, steigen die Finanzierungskosten deutlich und zwar auch für bereits laufende, variabel verzinste Finanzierungen. Dies erschwert die Projektkalkulation, vor allem, wenn die Entwickler gleichzeitig niedrigere Verkaufspreise annehmen müssen, um die Renditeerwartung der Investoren zu erfüllen.

Wie geht es nun weiter?

Das Problem der steigenden Zinsen liegt weniger in dem absoluten Zinsniveau, für das es zahlreiche historische Präzedenzfälle gibt, sondern vielmehr darin, dass die Zinsen so schnell gestiegen sind, während es in der Natur der Branche liegt, dass sich Immobilienprojekte über einen langen Zeitraum erstrecken. Mittlerweile deutet sich aber auf mehreren Ebenen eine Entspannung der Lage an.

Durch die sinkende Zahl neuer Projekte leert sich bei vielen Bauunternehmen langsam das Auftragsbuch. Hierdurch, ebenso wie durch die Auflösung pandemiebedingter Lieferengpässe, werden Bauunternehmen wieder flexibler in ihrer Preisgestaltung. Es ist anzunehmen, dass die Baukosten nicht noch weiter steigen werden. Dies wirkt sich auch auf den zu erzielenden Verkaufspreis aus.

Auch an der Zinsfront deutet sich eine Abschwächung des Trends an. Zwar ist die Inflation noch immer hoch, weshalb zu erwarten ist, dass die EZB zunächst mit weiteren Erhöhungen des Leitzinses reagiert. Mittelfristig können aber Fragen nach der Stabilität des Finanzmarktes aufkommen und die Politik auf den Plan rufen. Weiter steigende Zinsen bedeuten schließlich auch höhere Kosten für die Staatsverschuldung. Investitionen werden gebremst und somit auch das Wirtschaftswachstum. Für Banken wiederum bedeuten steigende Zinsen auch Bewertungsrisiken bei Immobilienkreditbeständen. Große Investoren müssen ihre Bestände neu bewerten. All dies birgt Potential für Instabilität im Finanzsystem. Über kurz oder lang wird sich die EZB also mit Forderungen konfrontiert sehen, Finanzmarktstabilität und wirtschaftliche Entwicklung mit Inflationsbekämpfung abzuwägen. Wir erwarten daher aus heutiger Sicht, dass es im Bereich von um vier Prozent zu einer Plateaubildung bei den Zinsen kommen wird.

Sobald sich die Lage stabilisiert hat, haben alle Beteiligten damit wieder eine sichere Planungsgrundlage. Dies sollte auch den Markt für Immobilientransaktionen wiederbeleben. Schließlich sind die Fundamentalfaktoren für einen gesunden Markt noch immer vorhanden. Noch immer gibt es einen Wohnungsmangel in Ballungsräumen. Der demographische Wandel sorgt für einen hohen Bedarf an Pflegeimmobilien. Zudem wartet die vielleicht größte Herausforderung mit der nachhaltigen Transformation des Immobilienbestandes, die einen enormen Finanzierungsbedarf nach sich zieht.

Wie kann ich mich gegen steigende Zinsen schützen?

Die veränderte Marktsituation erfordert ein angepasstes Instrumentarium, um Investitionen im Immobilienmarkt krisenfester zu machen. Je nach Art der Finanzierung können verschiedene Instrumente zur Zinsabsicherung hilfreich sein.

Eine Möglichkeit ist der Abschluss von Forward-Darlehen als Anschlussfinanzierung für die nahe Zukunft. Hierdurch können sich Kreditnehmer schon mit einer gewissen Vorlaufzeit gegen steigende Zinsen absichern. Weicht der vereinbarte Zins vom aktuellen Zins ab, wird die Differenz vom Kreditgeber in Form einer Ausgleichszahlung erstattet. Diese Darlehen gehen mit einem gewissen Aufschlag einher, bieten dafür aber Planungssicherheit für einen Zeitraum in der nahen Zukunft – in der Regel bis zu 24 Monate.

Ähnliches gilt für Zinsswaps, mit denen Kreditnehmer einen variablen Zins gegen einen festen Zins eintauschen können. Die Laufzeiten dieser Swaps variieren und können zwischen zwei und zehn Jahren liegen, und eignen sich somit vor allem für Finanzierungen, bei denen ein langer Atem vonnöten ist.

Zinsoptionen bieten die Möglichkeit, ein bestimmtes maximales Zinsniveau zu “versichern” und das Recht auf eine Ausgleichszahlung zu erwerben, sollte der Zins über dieses Niveau steigen (Cap). Wie die anderen Zinsabsicherungen auch, kosten Zinsoptionen allerdings Geld, die sogenannte Optionsprämie.

Noch einfacher ist es, gleich einen Teil der Finanzierung mit Festsatzkrediten einzukaufen. Dieses bietet maximale Planungssicherheit – allerdings um den Preis einer Einschränkung der Flexibilität.

Schließlich kann es auch ratsam sein, ggf. Sondertilgungsmöglichkeiten in die Finanzierung einzubauen. Reduziert sich der Kreditbetrag durch außerordentliche Tilgungen, reduziert sich auch insgesamt das Risiko steigender Zinsen.

All diesen Instrumenten ist eines gemein: sie kosten Geld und sollten daher nur nach sorgfältiger Abwägung eingesetzt werden. Je nach Art des Projektes kann auch eine Mischung verschiedener Instrumente die beste Option sein. Sicher ist: Die Finanzierung von Immobilienprojekten wird durch die höheren Zinsen komplexer. Umso wichtiger ist es, einen kompetenten Partner an Ihrer Seite zu haben. Unser Team von hypcloud verfügt über die notwendige Expertise, um Ihnen auch im gegenwärtigen Zinsumfeld das optimale Finanzierungsmodell maßzuschneidern.